Unfall auf dem Parkplatz – und „Recht bekommen“
Die Einkäufe im Supermarkt sind erledigt. Nichts wie nach Hause. Rein ins Auto, kurzer Blick nach rechts und links und nach hinten. Die Parkflächen neben mir sind besetzt, freien Blick nach den Seiten habe ich nicht, aber es wird schon niemand kommen. Doch beim Rückwärts-ausparken passiert es – ein anderes Auto fährt vorbei und ich kollidiere mit ihm. Der Fahrer steigt aus und lässt eine Schimpfkanonade los. Bin ich (allein) schuld an diesem Unfall?
So ähnlich passieren nicht selten Unfälle auf Parkplätzen. Zwar sind die Schäden meist nicht sehr groß, aber die Emotionen der Beteiligten schon. Ein heftiger Streit folgt, der anschließend zwischen den Anwälten der Streithähne und den jeweils gegnerischen Haftpflichtversicherern ausgetragen wird.
Auf den Parkplätzen sind die Vorschriften der StVO oft nur bedingt anwendbar. Hier gilt vor allem das Gebot der größten Sorgfalt und gegenseitigen Rücksichtnahme. Auch wenn an der Einfahrt des Parkplatzes das Schild: „Hier gilt die StVO“ steht, sollte man nicht darauf vertrauen, dass die Bestimmungen der StVO eingehalten werden und regelgetreu gelten.
So gilt die Vorfahrtsregel „rechts vor links“ auf Parkplätzen nicht uneingeschränkt. Die Grundregel ist vielmehr ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht aller Verkehrsteilnehmer. Verständigung ist das Gebot. Nur wenn auf Parkplätzen Fahrspuren mit Straßencharakter angelegt sind, die sich baulich von den Fahrspuren zwischen den Parkflächen, die dem Suchen von Parkplätzen dienen, deutlich unterscheiden, kann eine Vorfahrtregel im Sinne der StVO abgeleitet werden. Eine Mithaftung ist aber auch dann nicht ausgeschlossen, zumindest verschuldensunabhängig aufgrund der Betriebsgefahr des Kraftfahrzeuges.
Besondere Sorgfalt muss auch beim Rückwärtsfahren beachtet werden, wie das oben dargestellte Beispiel eines typischen Parkplatzunfalls zeigt. Das gilt beim Ein- und Ausfahren in oder von Parkflächen, beim Zurücksetzen, weil hinten gerade eine Parkfläche frei wird …
Mit rückwärtsfahrenden Fahrzeugen muss auf einem Parkplatz jeder rechnen. Zwar befindet sich der Rückwärtsfahrende stets in der schlechteren Position, wenn es um die Schuldfrage geht, und er wird meist überwiegend haften, aber eine Mithaftung des Anderen ist auch hier bei dem Einwand der Anrechnung der Betriebsgefahr nicht ausgeschlossen, wenn der Unabwendbarkeitsbeweis nicht geführt werden kann. Das Argument, man habe bereits gestanden, als der Andere auffuhr, wird nur dann beachtet, wenn der Stillstand schon längere Zeit angedauert hat. Ein Abbremsen kurz vor der Kollision wird wenig helfen, wobei die Beweislage in vielen Fällen ohnehin kritisch ist.
Die allgemeine Ansicht, nach der vor allem die Haftpflichtversicherer die Schäden regulieren, wonach bei Parkplatzunfällen stets von einer Mithaftung von 50% auszugehen sei, ist nicht begründet.
Auch wenn es, wie oben ausgeführt, schwierig ist, eine Mithaftung bei einem Parkplatzunfall auszuschließen, kann es Zeugen geben, die zur Entlastung beitragen, oder die Unabwendbarkeit des Unfalls kann durch einen Sachverständigen anhand des Schadensbildes festgestellt werden. Ist das aber nicht möglich, dann wird es wohl oder übel zu einer Haftungsverteilung kommen.
Textquelle: RA. Bernd Ballhause